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Viennale Direktorin Eva Sangiorgi bei der Eröffnung der Viennale 2020 / Viennale Director Eva Sangiorgi at the Viennale Opening Ceremony

Bilanz der Viennale 2020

01 Nov 2020

Bilanz der Viennale 2020

Mit der Galavorführung des Films THE TRUFFLE HUNTERS von Michael Dweck und Gregory Kershaw geht die 58. Ausgabe der Viennale am heutigen Sonntag zu Ende.

Es war eine außergewöhnliche Viennale – gewissermaßen im Ausnahmezustand. Mit ein bisschen Glück, als Präsenzfestival gerade noch stattfinden zu können und mit einer überraschenden Reaktion der Zuschauer*innen: Trotz der um drei Tage verkürzten Dauer und der massiven Verringerung der Sitzplatz-Kapazitäten konnte die Viennale 42.000 Besucher*innen in den Kinosälen begrüßen. „Noch vor ein paar Wochen konnten wir nicht absehen, wie die Filmfreund*innen dieser Stadt unser Angebot in Zeiten der Pandemie annehmen würden“, freut sich Viennale Direktorin Eva Sangiorgi. „Ich bin überwältigt von der Reaktion des Publikums, sie übertrifft meine Erwartungen bei weitem.“

Das diesjährige Festival: Elf Tage, zehn Kinos, 320 Vorführungen, 52 internationale und 45 österreichische Filmgäste, dazu zahl- reiche Journalist*innen, Kritiker*innen und Gäste aus der Filmbranche.

Am Eröffnungsabend war MISS MARX an allen zehn Spielorten der Viennale zu sehen. Die Regisseurin Susanna Nicchiarelli besuchte mehrere davon und war begeistert, dem Wiener Publikum in unseren schönen Kinos begegnen zu können. Das Festival begann mit der Anwesenheit und Unterstützung vieler Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik bei der Eröffnungsgala im Gartenbaukino, insbesondere von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, die auf die immense Bedeutung von Kultur und Veranstaltungen wie der Viennale in dieser herausfordernden Zeit hinwiesen.

Die Präsenz der Regisseur*innen, Produzent*innen und Autor*innen belebte die Säle, und das Publikum reagierte äußerst wohlwollend, indem es in großer Zahl in die Kinos strömte. Viele Autor*innen freuten sich, in einem gemeinsamen Raum interagieren zu können, von Jasmila Žbanić bis Abel Ferrara, von Radu Jude bis Želimir Žilnik, dem wir eine unserer Kinematografien widmeten und der im gleichen Zeitraum in der Kunsthalle eine erweiterte Ausstellung seiner Werke eröffnete.

120 Bühnengespräche mit anwesenden Künstler*innen fanden in den Kinosälen statt, etwa zehn davon online, um uns u.a. mit Eliza Hittman, Kelly Reichardt, John Gianvito und Gianfranco Rosi zu verbinden.

Eines der großen Highlights des Festivals war die CHRISTOPH SCHLINGENSIEF gewidmete Monografie, die uns – ausgehend von Bettina Böhlers Dokumentarfilm über den Künstler – erlaubte, uns eingehend mit seinem filmischen Werk auseinanderzusetzen, einschließlich unveröffentlichtem Material wie seinem ersten Film, der entstand, als er noch ein Kind war, dem THEATERFILM und dem außergewöhnlichen SAY GOODBYE TO THE STORY, einer großen Hommage an Irm Hermann (1942–2020).

Durch die Isabel Pagliai gewidmete Monografie war es möglich, eine junge Autorin zu entdecken, die in der Lage ist, die Poesie der Kinder einzufangen und dem Kino in einer nie zuvor gekannten Weise zugänglich zu machen.

Das nationale Kino spielte in diesem Jahr eine besonders große und wichtige Rolle, da viele österreichische Filmemacher*innen, Autor*innen, Produzent*innen und Schauspieler*innen anwesend waren. Das Programm AUSTRIAN AUTEURS des Filmarchiv Austria ließ uns eine Reihe von wesentlichen Independent-Werken der österreichischen Filmgeschichte wiederentdecken. Darüber hinaus erwies sich die Auswahl der Kinematografie KOLLEKTION DIAGONALE’20 als eine notwendige Synergie, um in diesen schwierigen Zeiten zusammenzuhalten und unser Kino gemeinsam zu feiern.

Die Retrospektive RECYCLED CINEMA in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum unterstrich die Fähigkeit des Kinos, Verbin- dungen zwischen verschiedenen Situationen und Zeiten, zwischen Erzählungen und Autor*innen herzustellen – etwas in diesen Tagen besonders Eindrucksvolles.

Besonders bemerkenswert war sicher eines: Als die Pandemie sich in den letzten Tagen in vielen Ländern – und auch bei uns – verschlimmerte, ging das Festival trotzdem mit einem starken Gefühl der Sicherheit und der Solidarität unter allen Teilnehmer*innen weiter.

Der Geist der Viennale 2020 feierte in der Tat den Gemeinschaftssinn“, so Viennale Direktorin Eva Sangiorgi. „Unter all jenen, die für die Kultur und insbesondere für das Kino arbeiten, die die Kultur und das Kino lieben und die sich von ihnen ernähren. Ein besonderer Dank gilt dem Publikum: für seine Leidenschaft und sein Vertrauen.“

Wir freuen uns auf nächstes Jahr!