SERGELDEN

Jerken, ein junger Bühnenregisseur bereitet ein neues Stück vor, basierend auf Fjodor Dostojewskijs Erzählung Die Sanfte. Es ist durchaus kein Zufall, dass dies ein Stoff ist, den auch Robert Bresson verfilmt hat, der auf die Regisseure der kasachischen Neuen Welle einen großen Einfluss hatte. Serik Aprymows Film ist eine freie Adaption dieser Kurzgeschichte. Jerken tötet seine Freundin und versucht später, die Ereignisse, die zu dieser grauenhaften Tat führten, zu rekonstruieren. Er erklärt dem ermittelnden Beamten, dass er in drei Realitäten lebe: in seinen Träumen, in seinen Theaterproduktionen und in seinem normalen Alltag - und dass er nicht länger zwischen den dreien unterscheide. A Dream in a Dream hat in gewisser Weise dasselbe Thema wie Aprymows erster Film The Last Stop, nur geht es diesmal nicht um den Zerfall der Gesellschaft, sondern um den eines Individuums. Jerken glaubt, die äußere Realität sei nichts anderes als eine Projektion seiner Innenwelt. Wenn das so ist, so meint er, warum solle er dann nicht mit der Realität spielen? Der Traum in einem Traum hat ein Monster geschaffen. Der Kreis hat sich geschlossen, es gibt keinen Ausweg. Hinter Jerkens äußerer Erscheinung ist Leere: keine Liebe, keine Freundschaft, keine Sehnsucht, irgendetwas zu erschaffen. Sein einziges Ziel ist es, in andere Welten, andere Dimensionen zu fliehen. (Baurschan Nogerbek) Wenn die Leute von einer kasachischen Neuen Welle sprechen, dann meinen sie damit wohl die Absolventen von Sergej Solowjows Meisterklasse. Natürlich unterscheiden wir uns von den anderen. Es gibt Dinge, die wir für unpassend halten - Sentimentalität zum Beispiel. Also zeigen wir die Kasachen auf der Leinwand anders, als das früher der Fall war. Für mich persönlich ist das Hauptziel meiner Filme, die Geschichten aus einem anderen Blickwinkel zu erzählen und das Absurde in der Realität aufzudecken. Dieser Film verhält sich zu meiner Seele wie die Realität zum Traum. Hinter allen äußeren Attributen des Lebens gähnt die Leere. Das habe ich immer gespürt und wollte es daher auch nicht verbergen. Ich bin überzeugt davon, dass es die aufrichtige Liebe nicht gibt, Träume und Fantasien hingegen schon. Es gibt nur kindliche Gefühle, die man für Liebe hält, wenn man 17 ist. Dieser Film beschreibt nichts, ist nur ein Zustand, von allem gereinigt, fast steril. (Serik Aprymow, 1993)