THE TARGET SHOOTS FIRST

Christopher Wilchas Dokumentarfilm ist die Chronik seines aufsehenerregenden ersten Arbeitsjahres nach dem College. Dieses verbringt er in der Marketingabteilung des Mail-Order-Giganten Columbia House. Dort hat das etwas verkrustete Management soeben beschlossen, man müsse etwas für den "alternativen" Konsumenten tun. Höchste Zeit: Wir schreiben 1993, und selbst Nirvanas "schwieriges" Album In Utero verkauft sich wie warme Semmeln an die verrückten Kids da draußen. Bald findet sich Wilcha mit fast alarmierender Schnelligkeit befördert - vor allem deshalb, weil er als einziger von diesen Bands tatsächlich gehört hat. Man fordert ihn auf, eine Art Alternative-Rock-Magazin für die Firma zusammenzustellen. Zuerst ist er fast euphorisch über so viel Freiheit, dann ächzt er unter den Einschränkungen: Konsulenten von außen werden geholt, die bestätigen müssen, daß seine Entscheidungen "cool" sind. Bald wird ihm klar, daß dies nicht der Himmel auf Erden sein kann. Ist es möglich, daß man innerhalb eines konsumorientierten Systems subversiv tätig sein kann? Nicht wirklich - ganz sicher nicht bei Columbia House -, und dankenswerter Weise scheut der Film vor diesem unvermeidlichen Schluß nicht zurück. So nebenbei zeigt Wilcha nicht nur unterhaltsame Beispiele aus der Arbeitswelt (die Grafiker hassen die "Anzüge" dort oben), sondern auch David Hasselhoff, Aerosmith und andere reale Pop-Phänomene, die vielleicht zu brutal sind, als daß die Band Radiohead sie ertragen könnten. (Dennis Harvey)
Den Großkonzernen gegenüber skeptisch, aber auf der verzweifelten Suche nach einem Job, beschloß ich, meine Hi8-Videokamera jeden Tag in die Arbeit mitzunehmen und meine Erfahrungen zu dokumentieren. Zwei Jahre lang filmte ich alles, von der Firmenweihnachtsfeier bis zum Sommerpicknick und all die Mahlzeiten, Meetings und Büroparties dazwischen. Auf diese Weise hielt ich meine Indoktrination durch die professionelle Arbeitswelt fest und meine Rolle in dem Versuch von Columbia House, sich selbst neu zu erfinden. (Christopher Wilcha)