Early Austrians

PROGRAMM 5: KRIEG UND KINO 1

AUT
65 min
V'09

1916, das Schlüsseljahr des Ersten Weltkriegs, bringt eine deutliche Veränderung in der Gestaltung der kriegsspezifischen Filme: Mit Fortschreiten der militärischen Auseinandersetzungen versagte die filmische Propaganda, die rein auf die Demonstration technischer Überlegenheit setzte, zusehends. Deshalb wurde ein Wandel in Struktur und Poetik der Beiträge notwendig: Hatte man sich in den ersten beiden Kriegsjahren auf die Präsentation der Technik konzentriert, versuchte man ab diesem Zeitpunkt, das Publikum über Geschichten und Handlungen zu erreichen. Begleitet wurde dies durch den verstärkten Wunsch, Filme sowohl für die Front als auch für das zivile Hinterland zu schaffen; besagte Tendenz sollte sich dabei nicht nur in einer entsprechenden Veränderung der Wochenschauberichte manifestieren, sondern eben auch in Spielfilmen, melodramatisch überformten Komödien mit erzieherisch-propagandistischem Mehrwert. Wien im Krieg ist mit seiner Verbindung aus Militärklamotte und Wien-Klischees ein dafür typisches Produkt: Die eng mit dem Krieg verbundene Handlung, wie in der Bewerbung des Films gepriesen, ermögliche Blicke an die Front und gefährliche Streifzüge. Der erzählerische Hauptstrang ist freilich weit vor jeglichem konkreten historischen Ereignis postiert, zeigt primär den Zugsführer Wamperl, der in Uniform ein Verhältnis mit gleich drei Damen beginnt und schließlich eine der drei Aspirantinnen heiratet. In Das Kind meines Nächsten verbinden sich spielfilmhafte und dokumentarisch anmutende Elemente zum Aufruf zur Treue gegenüber der Monarchie – ganz abseits von individuellen Wünschen oder Nöten. Deutlich als Volksstück ausgewiesen ist der Film nicht zufällig im Geburtsort des Kaisers angesiedelt, ebenso wenig überrascht die dahingehende thematische Ausrichtung auf Familienaspekte. Eine klare Rollenverteilung herrscht vor, die Aufgaben werden nach Geschlechtern geteilt: Die einberufenen Männer ziehen in den Krieg, die Frauen arbeiten solidarisch im Hinterland. Der Sieg der Liebe ist auch hier Staatsangelegenheit. (Thomas Ballhausen)

Wien im Krieg (1916, viragiert, dt. Zwischentitel); Regie: Fritz Freisler, Heinz Hanus; Drehbuch: Edmund Porges, Fritz Freisler; Darsteller: Georg Kundert, Paul Olmühl, Erich Kober, Therese Frank, Eva Karina, Friedl Bringolf; Produktion: Österreichisch-ungarische Sascha-Messter Filmfabrik Ges.m.b.H. (Wien), 12 Minuten; Das Kind meines Nächsten (1918, viragiert, dt. Zwischentitel) Regie: Einar Zangenberg; Drehbuch: Ada Minoprio; Musik: Edmund Eysler; Darsteller: Franz Glawatsch, Lena Stollberg, Rudolf Unreich-Ulbrich, Einar Zangenberg, Paula Jelin, Karl Althof, Gustav Müller, Fritz Neumann, Mizzi Matauschek, Dora Kaiser, Gisela Werbezirk; Produktion: A-Zet-Film Vertrieb Kommanditgesellschaft (Wien), 53 Minuten

Credits
35 mm
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