Early Austrians

PROGRAMM 7: ERDE

AUT
81 min
V'09

Stahl und Stein ist bislang allein als Fragment verfügbar, doch dieses zeigt genau die Stärken des Regisseurs Max Neufeld: ein feiner Sinn für klare, starke, dabei aber nie (zu) gewollt wirkende Bilder, eine Freude am Drehen in der freien Natur und am Spiel der Elemente, etwa wenn sich die Wellen kräuseln oder der Wind im Geäst verfängt. Daneben werden ein selbst in den Abweichungen und Ausschweifungen fokussiertes Spiel der Darsteller sowie ein sehr idiosynkratisch-loser Instinkt für narrativen Rhythmus ersichtlich. (Olaf Möller) Im Sonnwendhof spielt Fritz Kortner den Schmiedgesellen Mathias, den Anstifter und bösen Urgrund aller auftretenden Konflikte und Verwerfungen. Als der bauern- tölpelhafte Intrigant Macht wittert, bekommt der Film – der bis zu diesem Zeitpunkt reportagehaft die Vorfälle berichtet – eine erstaunliche dramatische Tiefenperspektive: Mathias offeriert der Magd einen ungewöhnlichen Pakt der Ausgegrenzten und Missachteten. Der scharf beider Leiderfahrung bündelnde Satz «Auch dich zertreten die Menschen, wie mich» kehrt die erlittenen Demütigungen nach außen, die sich mit Rachegedanken Linderung verschaffen. Kortner artikuliert diesen Satz, der auch von Richard III. oder Franz Moor stammen könnte, ungewohnt ruhig. Die Wirkung auf ihn selbst ist allerdings ebenso stimulierend wie verheerend. Sehr schön lässt Regisseur Emil Leyde im Finale die frühe Prophezeiung zum dramatischen und emotionalen Höhepunkt des Films werden. Mathias wird als Brandstifter erkannt. Vor seiner Bosheit zerbricht sogar das Kreuz in den Bergen, vor dem er zu beten versucht und in die Tiefe stürzt. Die sich auch im frühen österreichischen Film schnell entwickelnde Genre­dramaturgie lässt nicht zu, dass eine solch boshafte Figur im populären Kino Gnade oder Absolution erwarten darf. Auch das gehört zu den sozialen Konventionen, die der Heimatfilm stets bekräftigt. (Jürgen Kasten) Musik: Susanna Gartmayer (Bassklarinette), Peter Kutin (Gitarre, Elektronik)

Stahl und Stein (Stahl und Eisen) (1919, viragiert, dt. Zwischentitel) Regie: Max Neufeld; Darsteller: Karl Ehmann, Max Neufeld, Gisa Gleis, Josef Recht, Poldi Szakolczey, Josefine Joseffy, Maria Markoff; Produktion: Wiener Kunstfilm Ges.m.b.H. (Wien), 35mm/stumm, 8 Minuten; Der Sonnwendhof (1918, viragiert, dt. Zwischentitel) Regie: Emil Leyde; Drehbuch: Emil Leyde nach dem gleichnamigen Schauspiel von Salomon Hermann von Mosenthal; Darsteller: Fritz Kortner, Poldi Müller, Josef Reithofer, Trude Merly, Franz Ramharter; Produktion: Leyka-Film (Österreichische Kinofilmindustrie Ges.m.b.H., Wien)

Credits
35 mm
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