FREE RAINER - DEIN FERNSEHER LÜGT
Rainer hat die Nase voll. Zunächst einmal voll mit Koks. Dann aber auch von seiner Arbeit und von seinem Leben. Wenn er ehrlich ist, dann hat er eigentlich überhaupt die Nase voll von dieser ganzen vergnügungssüchtigen, oberflächlichen, denkfaulen Welt. Rainer arbeitet nämlich beim Fernsehen und ist mit dafür verantwortlich, dass via Mattscheibe täglich tonnenweise Müll in die Wohnstuben der Endverbraucher abgestrahlt wird. Als er eines Morgens von einem Opfer seiner sensationsjournalistischen Tätigkeit beinahe ins Jenseits befördert wird, beschließt er, nicht länger Teil des Problems zu sein, sondern Teil der Lösung zu werden: Gemeinsam mit einigen weiteren randständigen Gestalten gründet er eine Revolutionäre Zelle. Am Ende von Weingartners Die fetten Jahre sind vorbei machte sich ein widerständiges Trio daran, eine TV-Sendestation zu sabotieren. Free Rainer nimmt diesen Faden (Macht hat, wer Kontrolle über die Medien hat) auf und folgt ihm, ohne sich diesmal lange mit Diskussionen, in denen befriedete Alt-68er ihr Versagen rechtfertigen, aufzuhalten. Es gilt, den Blick nach vorn zu richten, und das mit einer geradezu todesmutigen Naivität, die möglicherweise subversiv ist, jedenfalls aber entwaffnend. Nicht den geringsten Teil zum Gelingen des riskanten Unternehmens trägt Moritz Bleibtreu bei, der sich wild entschlossen und gewohnt furchtlos in die Rolle dieses Rainer wirft und ihm die nötige Glaubwürdigkeit verleiht. Denn auch der Revolutionär ist bekanntlich ein Mensch mit Fehlern und Schwächen und sieht zwar den Splitter im Auge des anderen, nicht aber den Balken vor dem eigenen Kopf. Umso erfreulicher, dass Weingartner eine abgeklärt resignative Haltung offenbar nicht schätzt und darauf verzichtet, den Lernprozess seines Protagonisten zu bestrafen. Stattdessen gönnt er ihm und der «Fernseh-Gemeinde» ein Happy End. Und erfindet nebenher noch die allerschönste Bildungs-Propaganda-Montage. Ob man Free Rainer nun als medienkritischen Science-Fiction, kitschige Revolutions-Utopie oder einfach nur beglückend unangepassten Film sehen will, eins ist sicher: Auf der Fernbedienung gibt es einen Knopf zum Ausschalten, und er wird viel zu selten gedrückt. (Alexandra Seitz)
- Moritz Bleibtreu - Rainer
- Elsa Sophie Gambard - Pegah
- Milan Peschel - Philipp
- Gregor Bloéb - Maiwald
- Hans Weingartner
- Katharina Held
- Christine Maier
- Stefan Soltau
- Andreas Wodraschke
- Andreas Wodraschke
- Adem Ilhan
- Udo Kramer
- Thomas Oláh
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