Retro: Chantal Akerman

CHANTAL AKERMAN PAR CHANTAL AKERMAN

Chantal Akerman
FRA 1996
64 min
V'11

Akerman erzählt, dass sie gefragt wurde, ob sie einen Beitrag für die Sendereihe «Cinéma, de notre temps» machen wolle. Wie sich herausstellte, gab es bereits Folgen zu allen Filmemachern, für die sie sich interessiert hätte. Am Ende schlug sie vor, den Beitrag über sich selbst zu machen. Das ging in Ordnung, und so entstand Chantal Akerman par Chantal Akerman . Sie erzählt lebhaft vom Auf und Ab der Überlegungen, Bedenken und Gedanken zu diesem Projekt. Es scheint zunächst das Einzige, das Gegenwärtigste, was sie mit dem zu machenden Film und dem «Filmemachen» verbindet. Während sie erzählt und vorliest, nimmt der Film Gestalt an, als Darstellung der Darstellung seiner Entstehungsgeschichte. Wenn Akermans Erregung beim Sprechen zu hören und zu sehen ist, wenn sie einen Satz abbricht und von neuem ansetzt, scheint die Arbeit am Film noch nicht einmal abgeschlossen. Wie sie dann sehr schnell von vorbereiteten Blättern liest wirkt wie die Leseprobe einer jungen, temperamentvollen Schauspielerin. Der Text ist fertig, aber nichts, worüber im Vortrag verfügt wird. In der Einstellung, die den Film beschließt, sagt sie: «Ich bin in Brüssel geboren. Das ist wahr.» Ähnlich mögen die im zweiten Teil des Films versammelten Ausschnitte aus Akermans Filmen plötzlich weniger ihre Darstellungskraft in Bezug auf die eigene (künstlerische) Welt erweisen, aus der sie hervorgegangen sind, als ihre Zugehörigkeit zum Bilderkatalog des Kinos. Ganz herausgelöst aus dem Gewebe der jeweiligen Filme, könnten sie zu Bildern werden, wie sie vielleicht eine sehr junge Frau nach und nach zusammengefunden und in ihr Tagebuch gelegt oder an die Wand geheftet hätte. Das Versammelte erinnert auch an all diese Bestenlisten, jeder ist neugierig auf sie, man lacht und streitet darüber. Der Film spielt auf die Spielerei an, als Überleitung von der gesprochenen Einleitung zum Teil der Filmausschnitte führen zwei Zwischentitel je verschiedene Listen mit Filmen auf. Die erste überschrieben: «Ausschnitte aus», die zweite: «Keine Ausschnitte aus». Das Bild des Raumes, in dem Akerman ihre Einführung hält, zeigt eine sparsame Möblierung aus Tischen und Stühlen in nichtfarbiger Farbigkeit: Weiß und Tönungen von Beige, Schwarz. Auch Wände und Boden, Vorhänge, sogar das weiß-gelbliche Fell eines Hundes und der schwarze Hosenanzug samt beige-weiß gestreiftem Pullover der Sprechenden machen das Nichtfarbenspiel mit, wie einen Scherz mit der «Minimalart». Unscheinbar eingelassen ins offene Versteck dieses Bildes finden sich Hinweise auf ein Leben in dem abgebildeten Raum. Ein bewegliches Weniges macht den Besitzstand von Künstlerin und Zuschauern aus. Daraus entsteht der neue Film, während die alten Filme auseinander fallen zu einer Sammlung einzelner Bilder, die von irgendwelchen Vielen (die Künstlerin mitten unter ihnen) entdeckt, entwendet oder übersehen werden können. Das Ganze hat eine Art freundliches Vorspiel: Der Hund mit zotteligem Fell tappt gemächlich ins Bild, das den Innenraum zeigt. Er dreht eine halbe Runde, bleibt schließlich sitzen, wo für uns der linke Rand des Bildes ist und guckt und kratzt sich. Aus dem anderen Teil des Raumes, halb verborgen von einer Zwischenwand, ist Chantal Akerman eingetreten und setzt sich auf einen schwarzen Klappstuhl an der uns zugewandten Seite der Wand. Sie spricht einige begrüßende Worte und liest dann den einleitenden, von ihr verfaßter Text. […] Julia Bantzer Dieser Film wird gemeinsam gezeigt mit Portrait d’une jeune fille de la fin des années 60 à Bruxelles .

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