Early Austrians

PROGRAMM 10: SPURENSUCHE

AUT
100 min
V'09

Das in den 1910er Jahren entstandene Genre des Detektiv- und Kriminaldramas wurde von Zeitgenossen nicht selten mit einem Nasenrümpfen bedacht, weil es die bürgerlichen Aspirationen des Kinos nach kultureller Dignität zu desavouieren schien. Gerade wegen dieser Ignoranz gegenüber den Theaterkonventionen und einem oft kolpor­tagehaften Erzählungsstil werden sie heute zu den interessantesten Zeugnissen der Kinokultur dieser Zeit gezählt. Mit parallel laufenden Handlungssträngen, einem raschen Schnitt und beherzten Großaufnahmen haben sie auch die Grammatik des filmischen Erzählens nachhaltig erweitert. Das Vermächtnis des Hauses Moore und Frauenehre sind die einzigen erhalten gebliebenen österreichischen Beiträge zu dieser Filmform. In guter Literaturgenre-Tradition ist die Handlung von [/i]Das Vermächtnisdes Hauses Moore[/i] in England angesiedelt. «Im alten verlassenen Hause der Familie Moore geschahen schon mehrmals unerklärliche Mordtaten. Der Tote saß jedesmal in einem Fauteuil der Bibliothek. Man konnte keine Wunden finden, die Todesursache blieb unklar, und vom Täter fehlte jede Spur. In diesem Landhause feierte Veronika Moore ihre Hochzeit. Während des Mahles entdecken die Diener im Lehnstuhl der Bibliothek einen unbekannten Toten.» («Österreichischer Komet», 20.11.1915). Die englischen Straßenfluchten und Landschaften, in denen der Detektiv dem Täter nachjagt, wurden jedoch in Wien und Baden gedreht und verleihen dem nicht ganz vollständig überlieferten Film zusätzlichen Reiz. (Nikolaus Wostry) Frauenehre sprengt mittels seiner raffinierten Flashback-Struktur narrative Muster. Was geschehen ist, setzt sich langsam aus verschiedenen Bausteinen und Interpretationen zusammen. Die Wahrheit wird krisenanfällig. Doch die Moral stützt umso nachhaltiger den Rahmen des Handelns auf der Leinwand. (Elisabeth Büttner) Musik: Daniel Nösig (Trompete), Florian C. Reithner (Klavier)

Das Vermächtnis des Hauses Moore (1915, viragiert, dt. Zwischentitel) Regie: Emil Leyde; Drehbuch: nach dem Roman «The Filigree Ball: Being a Full and True Account of the Solution of the Mystery Concerning the Jeffrey-Moore Affair» von Anna Katherine Greene; Darsteller: Lilli Karoly (Edith Moore), Hans Sonnenthal (Detektiv Brown), Karl Falkenberg (Graf Francis Jeffries); Produktion: Robert Müller-Film (Österreichische Kinofilmindustrie Ges.m.b.H., Wien), 35mm/stumm, 32 Minuten Frauenehre (1918, viragiert, dt. Zwischentitel) Regie: Georg Kundert; Drehbuch: Ida Jenbach nach dem Drama «Ferréol» von Victorien Sardou; Darsteller: Heinrich Butcher, Fritz Kortner, Grete Lundt, Josef Reithofer, Irene Kraus, Lilli Lohrer, Fritz Hofer, Jaro Fürth, Tilde Baschny; Produktion: Leyka-Film (Österreichische Kinofilm­industrie Ges.m.b.H., Wien), 35mm/stumm, 68 Minuten

Credits
35 mm
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