LANTANA

Ganz zu Beginn: ein Schnarren, Zirpen, verschiedene Klänge durcheinander. Insekten. Die Kamera fährt auf ein Gebüsch zu. Rosa Blüten, deren schweren Duft man selbst noch im Kino zu riechen glaubt: Lantana, das ist zuerst einmal der Name dieser Blüten, eines Busches, der an jeder Ecke vorkommt in Australien. Die Kamera dringt ein in dieses Gestrüpp, durchstöbert das Dickicht, und der dichte Geräuschteppich, der sie begleitet, lässt Schlimmes ahnen. Gleich darauf sieht man die Leiche einer Frau. Aber das Bild wird sich als Täuschung erweisen, als Irreführung wie überhaupt vieles trügerisch ist an Lantana . Eine Handvoll Menschen, deren Schicksal miteinander verwoben ist: Die Psychoanalytikerin Valerie, äußerlich selbstbewusst, innerlich gebrochen, denn ihre Tochter wurde vor zwei Jahren ermordet. Sie hat ein Buch geschrieben, in dem sie hilflos versucht, diesen Tod zu bewältigen. Ihre Ehe ist unglücklich. Und den ganzen Tag über hört sie sich in ihrer Praxis die Geschichten von anderen unglücklichen Ehen an. Zum Beispiel von Sonja, deren Verhältnis zu ihrem Mann Leon zunehmend kühler wird. Leon, Polizist in der Mordkommission, steht im Zentrum der Geschichte. Man erkennt seine Beweggründe und begreift seine Midlife-Crisis, die ihn zu einer kurzen Affäre mit Jane führt, die im gleichen Salsa-Kurs tanzt wie Sonja. Die Zuschauer begleiten diese Figuren, ihr Leben und die Menschen um sie herum: Janes Nachbarn, Valeries intellektuellen Mann, Leons Söhne, die heimlich Hasch rauchen ein Panorama normaler Menschen in ihren alltäglichen Lebenslügen, in deren Dasein aber das große Drama, Tod und Leidenschaft, der Zwang, der Wahrheit ins Auge zu sehen, ganz nahe sind. Eines Tages verschwindet jemand aus diesem Kreis, und Leon beginnt zu ermitteln. Ruhig, mit langem Atem gelingt Ray Lawrence ein berührender, kühl-gefühlvoller, sehr starker Film, in dem sich Thriller und Beziehungsdrama vermischen. (Rüdiger Suchsland)