KIOKU GA USHINAWARETA TOKI

Man braucht schon eine sichere Hand, um eine Dokumentation über eine Krankheit informativ und interessant zu machen, ohne sie als allzu "betroffenheitsschwer" erscheinen zu lassen. Hirokazu Koreeda gelingt das in seinem Film, der sich vor allem auf die Tragödie eines Mannes und seiner Familie konzentriert und der die menschlichen Aspekte dieses medizinischen Dramas in den Vordergrund rückt. Hiroshi Sekine leidet an der Wernickeschen Enzephalopathie (WE), die durch einen chronischen Mangel an Thiamin in der Nahrung hervorgerufen wird. Man findet sie normalerweise bei Alkoholikern und bei vernachlässigten älteren Menschen. Sie kann den völligen Verlust des Gedächtnisses zur Folge haben. Koreeda beschäftigt sich mit der Frage, wie sehr Sekines Beziehung zu seiner Familie gelitten hat, an die er sich von Tag zu Tag nicht erinnern kann. Der Kern des Films ist aber das Problem der Verantwortlichkeit und des mangelden Mitgefühls des Staates. Sekine leidet an WE, seit er wegen eines Magenproblems in einem Krankenhaus war, wo er fünf Wochen lang an einem Glukose-Tropf hing und einem schweren Vitaminmangel ausgesetzt war. Nicht nur, dass er sich mit der Krankheit auseinandersetzen muss, ist sein Leben seither von dem Kampf überschattet, das Spital zum Schuldeingeständnis zu bewegen und die dringend benötigte staatliche Unterstützung zu erhalten. Seit der Staat Einsparungen im Gesundheitssektor vornimmt, wurden viele ähnliche Fälle bekannt; über 40 Leute sind an den Folgen der Budgetkürzungen gestorben. Koreedas Film ist nicht nur die ergreifende Studie eines Mannes, der unter einer grausamen Krankheit zu leiden hat, sondern äußert auch herbe Kritik an der Art und Weise, wie man sich mit Kunstfehlern (nicht) auseinandersetzt, und am Mangel an Gefühl, den die Bürokratie angesichts menschlicher Tragödien an den Tag legt. (Sharon Gethings)