LOVERS

Zurück zum Wesentlichen, zum Inhalt, zu Gedanken, Gefühlen und Menschen wie du und ich, zur guten Story - das war das Credo der drei bisher aufgeführten Dogma-95Filme. Der Schauspieler Jean-Marc Barr reagierte auf das dänische Angebot, mit frischer Lust zu filmen, und schrieb und drehte - er ist auch sein eigener (Hand-)Kameramann - eine eigentlich ganz gewöhnliche Großstadtgeschichte, die ihre Ungewöhnlichkeit durch die rigoros gelebten Empfindungen und Verhaltensweisen der beiden
Hauptfiguren erhält, Liebe als ultimativer Widerstand gegen das Chaos dieser Welt: Jeanne, Buchhändlerin in Paris, und Dragan, Maler aus Jugoslawien, beide etwa 25 Jahre alt, begegnen sich zum ersten Mal in ihrem Buchladen, wo er ein Buch über einen italienischen Maler sucht. Sie verabreden sich für den Abend auf einen Drink. Sie verbringen ihre erste Nacht zusammen. Sie lieben sich. Sie ziehen durch die Straßen von Paris. Sie feiern ein Fest mit Dragans Freunden. Und eines Tages bekommt die glückliche Zeit einen Riß: Bei einer Routinekontrolle stellt sich heraus, daß Dragan kein Aufenthaltsvisum für Frankreich hat. Er muß das Land innerhalb von drei Tagen verlassen. Das Gefühl des Fremdseins, das die beiden seit der ersten Begegnung nie ganz verlassen hat, bekommt auf einmal ein amtliches Siegel. Politische Realität wird plötzlich spürbar, erfahrbar. Jean-Marc Barr läßt seine beiden Hauptdarsteller Dialoge sprechen, die in ihrer Normalität des Umgangssprachlichen fast schon wieder genial sind und völlig spontan wirken. Elodie Bouchez und Sergej Trifunovic spielen mit vollem Einsatz und stilsicherer Präzision, immer gefolgt von Barrs Kamera, die dicht an ihnen dranbleibt. Lovers ist auch ein Film über die Fragilität der Harmonie heute und die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, spannend für alle, die bereit sind, eine große Liebesgeschichte ganz direkt mitzuerleben. (Frauke Hanck)