YOU AND ME AGAINST THE WORLD - AN AMERICAN LOVE STORY 6

Die bisher unveröffentlichte sechste Episode der Serie An American Love Story bildet ein Kernstück des ganzen Werkes. Denn hier wird das unsichtbare Band zwischen Cicily und ihrer Mutter Karen hinterfragt. Damit schneidet Jennifer Fox zweifellos einen der Gründermythen der Familie Sims-Wilson an. Da in Cicily niemand auf Anhieb die Tochter von Karen erkennen will, muß diese seit der Geburt ihres Kindes für den Bestand der Beziehung zwischen ihnen kämpfen. Als weiße Mutter eines schwarzen Kindes muß man einen täglichen Kampf ausfechten. Cicily kennt diesen Kampf, sie bewundert ihn und manchmal hat sie auch Angst davor. Doch mittlerweile hat sie begriffen, daß er in einem gewissen Sinne zu ihrem Erbe gehört, und sie steht zu ihrer weißen Herkunft. Diese Überlegungen zur Verbundenheit mit ihrer Mutter helfen ihr auch, Antworten zu finden auf die Zweifel an ihrer Identität, die sie während des Aufenthaltes in Afrika (Episode 3) quälten. Diese sechste, kurz vor den Abschlußprüfungen an der Mittelschule gedrehte Episode stellt auch die Frage nach der Zukunft. Was erwartet Cicily? Einmal mehr gelingt es Jennifer Fox, ein Bild von der ganzen Komplexität dessen, worum es im Leben geht, zu zeichnen. (Yann-Olivier Wicht)
Jennifer Fox nähert sich den Familienmitgliedern dicht genug und hält dennoch genügend Distanz, um die Sims in einem freien, beobachtenden Filmstil darzustellen: stets mit Respekt, und ohne je in Melodrama oder Kitsch zu verfallen. Ganz offensichtlich respektieren umgekehrt die Sims ihr Verhalten. Der Film lädt den Zuschauer ein, die Entwicklungen und Probleme mit der Familie mitzuerleben und sich dem Auf und Ab ihres Lebens mit einer Geschwindigkeit zu stellen, die mit konventionellem Schauspiel nicht vereinbar wäre. Vorsichtig baut Fox ihre Geschichte zu einer vielschichtigen Erfahrung aus, nimmt sich aber auch die Freiheit, einige Handlungsstränge - wie im Leben - unvollendet zu lassen. Sie sucht keine eindeutige Klimax oder Katharsis, obwohl es im Leben der Familie Sims nicht an Dramatik fehlt. Der Blick der Regisseurin für das  Außergewöhnliche im Gewöhnlichen reicht weiter als zu den vordergründigen Themen des Rassismus und der gesellschaftlichen Zwänge. (Miryam van Lier)