Proletarisches Kino

PROLETARISCHES KINO: PROGRAMM 9 - FRANK ROSSAK 1

108 min
V'07

Frank Rossak (1901-1957), Filmenthusiast, Komikdarsteller im Stummfilm, Meister ideologischer Wandlungsfähigkeit, Pionier linker Filmarbeit in Österreich, halbseidener Finanzjongleur, kurzum eine schillernde Figur. Binnen der 20er Jahre legt Rossak Filme vor, die gleichsam ein Genrespektrum proletarischen Kinos ausbreiten: die Maifeier; einen Film, der die Bautätigkeit des Roten Wien bewirbt; einen Massenaufmarsch des Arbeitersports zu Zwecken der Wahlpropaganda und einen sozialistischenSpielfilm. 1889 beschließt die Zweite Sozialistische Internationale in Paris, den 1. Mai als Weltfeiertag der Arbeit einzuführen. An diesem Tage soll die Verbrüderung der Arbeiter aller Länder im Geiste der Solidarität dokumentiert werden. Im Mittelpunkt stand der Kampf um den Achtstundentag. Die Maifeier der Wiener Arbeiterschaft 1923 ist - 1923 - die erste von der Parteiführung der SDAP in Auftrag gegebene filmische Dokumentation einer Wiener Maifeier. Ein Film vom Neuen Wien kontrastiert mittels Archivmaterial das feudale und bürgerliche Wien (und die «Macht der Kirche») mit dem Elend der Vorstädte, um letztlich von der Ankunft des «Neuen» in Gestalt der Wiener Wohnbaupolitik zu künden. Seine Ästhetik - die Verwendung von Archivmaterial, die Kontextualisierung der Bilder mittels polemischer Zwischentitel - entstammt der russischen Praxis des Kompilationsfilms und der linken «Dechiffrierung» der Wirklichkeit. Die Wiener Arbeiterschaft im Wahlkampf beginnt mit der Ankunft deutscher Festgäste zum Länderwettspiel Deutschland-Österreich und der damit verbundenen Anschlusskundgebung. Arbeitersportlerinnen und Sportler sowie Politprominenz der SDAP demonstrieren Solidarität und Stärke anlässlich der bevorstehenden Wahlen im April 1927. Das Notizbuch des Mr. Pim ist ein Wahlwerbe- und Propagandafilm der Sozialdemokraten für die Nationalratswahl am 9. November 1930 und zugleich der ausgeprägteste Versuch, in Österreich einen eigenen sozialistischen Spielfilm herzustellen. Alt und Neu werden gegeneinander abgewogen. Beide Zeitalter übersetzt Mr. Pim entlang einzelner Argumentationsketten in Bilder. Elend, Verwahrlosung, Selbstenteignung werden plastisch, binnen kleiner Parabeln, vorgeführt. Die Aufhebung der Missstände im Roten Wien beeindruckt nach längerem Umerziehungsprozess selbst die Hauptfigur des Films, den anfangs skeptischen amerikanischen Zeitungsherausgeber Elias Pim. Am Ende ist auch er überzeugt, dass Wiens Stadtverwaltung die beste der Welt sei. Die Bevölkerung Wiens kann diese Ansicht nur teilen. Die letzten Bilder des Films gehören ihr. Menschenmassen bei Aufmärschen, unter flatternden Fahnen, unterbrochen von Detailansichten begeisterter Sportler, zukunftsbereiter Kinder, jubelnder Frauen. Alle sind sich einig: Das Alte muss abgelehnt, das neu Geschaffene bewahrt und ausgebaut werden. Diese Lebensmaxime verbindet sich in einem Appell: «Wählt sozialdemokratisch!»

Die Maifeier der Wiener Arbeiterschaft 1923 (Ö 1923) Produktion: Gersick-Film, 35mm/stumm/dt. Zwischentitel/Schwarzweiß

Ein Film vom Neuen Wien (Ö um 1926) 35mm/stumm/dt. Zwischentitel/Schwarzweiß

Die Wiener Arbeiterschaft im Wahlkampf (Ö 1927) Kamera: Hans W. Imber, Produktion: Astor Pamela, 35mm/stumm/dt. Zwischentitel/Schwarzweiß

Das Notizbuch des Mr. Pim (Ö 1930) Produktion: hergestellt im Auftrag der SDAP, 35mm/stumm/dt. Zwischentitel/Schwarzweiß

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