Dokumentarfilme

FORTINI/CANI

HUNDE VOM SINAI, DIE
Jean-Marie Straub/Danièle Huillet
I 1976
83 min
V'00

Straub/Huillet betrachten diesen Film, nach der Einleitung zu Arnold Schönbergs Begleitmusik zu einer Lichtspielszene und Moses und Aron als dritten Teil ihrer «Reflektion über die hebräische Frage». Wurde die Trilogie eröffnet mit einem kritischen Diskurs über eine Kultfigur moderner Kunst, getragen vom breiten Mittelstück über den Widerspruch von Bild und Wort - dem Diskurs über das jüdische Abbildungsverbot -, findet sie ihren Abschluss im Diskurs über unsere Stellungnahme zum modernen Judentum. Die Hauptfigur ist Franco Fortini, ein italienischer Professor, der über die politischen Reaktionen der westlichen Welt auf den Ausgang des Sechs-Tage-Krieges von 1967 nachdenkt. In einem Brief an Straub beschrieb Fortini seine Rolle wie folgt: «Sie ist (oder wird sein) ein fast sechzigjähriger Intellektueller, mit allen Klassenmerkmalen und allen historischen Narben, die ein europäischer und italienischer und halbjüdischer Intellektueller hat, der zwischen 1930 und 1970 gelebt hat; mit seinem Marxismus und auch mit seinem Nicht-Kommunismus, bzw. mit seinem «Von-Vorher»-Sein: dem Zeitalter Brechts näher, von demjenigen Schönbergs weiter entfernt, aber jedenfalls nicht sehr von heute, jedoch mit einiger Hoffnung, posthum von morgen zu sein.» Fortini fingiert eine Redensart, um das überwältigende Einverständnis mit dem israelischen Sieg von 1967 zu geißeln: «Die Hunde des Sinai sind die Italiener, die dorthin gerannt sind, um die Sieger zu bejubeln, während der Film eine weitergefasste Bedeutung hat von denen, die Diener des Imperialismus sind, oder Diener der Sieger.» Fortinis Kernthese ist, dass die weltweite Solidarität mit Israel nichts anderes ist als der Philosemitismus der Antisemiten, oder anders gesagt: die ersehnte Taufe der Rassisten. Den historischen Antisemitismus sieht Fortini in einer Phase der Verkümmerung, wahrend der akute Antisemitismus auftaucht in der Form des «Hasses auf das Anderssein ». (Karsten Witte, 1976)

Credits
  • Franco Fortini
  • Franco Lattes
  • Luciana Nissim
  • Jean-Marie Straub
  • Danièle Huillet nach dem Buch I cani del Sinai von Franco Fortini
  • Renato Berta
  • Emilio Bestetti
  • Jeti Grigioni
  • Jean-Marie Straub
  • Danièle Huillet
  • Adriano Taloni
  • Leo Mingrone/Gabriele Soncini/Gregory Woods/Bernard Mangiante
Jean-Marie Straub, Danièle Huillet für Artificial Eye, London/New Yorker Films, New York/Sunchild/Paris, RAI 2/Rom

Jean-Marie Straub, Danièle Huillet

16 mm
col
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