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(c) Alexander TUMA

Preisträger*innen der Viennale 2021

31 Okt 2021

Preisträger*innen der Viennale 2021

WIENER FILMPREIS

Jury: Choreografin und Tänzerin Christine Gaigg, Schauspielerin Aenne Schwarz und Filmemacher Sebastian Brameshuber.

Der Wiener Filmpreis, eine von der Stadt Wien gestiftete und im Rahmen der Viennale vergebene Auszeichnung, gilt einem aktuellen österreichischen Langfilm, der im vergangenen Kinojahr zur Aufführung gelangte bzw. bei der Viennale gezeigt wurde. Die Dotierung dieses Preises besteht aus einem Geldbetrag, der von Seiten der Kulturabteilung der Stadt zur Verfügung gestellt wird, einer monetären Unterstützung vom Hotel The Harmonie Vienna, sowie großzügigen Sachwerten, gestiftet von den Sponsoren BLAUTÖNE und viennaFX. Beim Wiener Filmpreis werden zwei Preise vergeben: der Preis für den besten österreichischen Film und der Spezialpreis der Jury.

Bester österreichischer Film:

GROSSE FREIHEIT, Sebastian Meise, Österreich/Deutschland 2021

GROßE FREIHEIT | Sebastian Meise, Österreich/Deutschland 2020/21 | © Viennale

Jurybegründung: Dieser bildgewaltige Film stellt die ganz großen Fragen: die nach der Freiheit und die nach der Liebe. Er scheut sich nicht vor dem großen Pathos und ist zugleich meisterlich zart im Detail. Er zeichnet Kontinuitäten und Bruchlinien sozialer Ausgrenzung und gesellschaftlicher Normierung nach, ohne sich jedoch ausschließlich in den Dienst eines politischen Anliegens zu stellen. Man meint, die Räume riechen zu können, wenn die Luft eng wird. Mit großer Fürsorge und Genauigkeit blicken wir in das Innerste der fantastisch gespielten und inszenierten Figuren, folgen ihnen in jeden Abgrund, sind aber nie verleitet, ihnen zu nahe zu treten oder uns überlegen zu fühlen – und werden sie gerade deshalb nicht mehr los.

Spezialpreis der Jury:

BEATRIX, Milena Czernovsky, Lilith Kraxner, Österreich 2021

Image of movie Beatrix

Jurybegründung: Diesem Film wohnt die geheimnisvolle und ursprüngliche Kraft des Kinos inne, er ist ein Wurf aus Nonchalance und radikaler Reduktion. Wir sehen Leerstellen des Alltags, instagramatische Situationen, aber so, wie die Darstellerin sich diesen Handlungen hingibt, nämlich selbstvergessen und ungeniert, würden diese Momente für Instagram gar nicht taugen. Stattdessen entstehen kinematografische Sinnlichkeit und Intimität. Die banalen Aktivitäten weisen über sich hinaus: Putzen offenbart die ihm innewohnende Ekel-Satisfaktion, Prokrastinieren und soziales Schmollen entwickeln Charme. Ökonomisch erzählt, genau kadriert – so entsteht ästhetische Widerständigkeit.

VIENNALE-PREIS DER STANDARD LESER*INNEN-JURY

Jury: Jeremy Braunsberg, Robert Frenay, Marija Milosavljevic

Der Preis der Standard-Leser*innen-Jury geht an einen Film, der noch keinen Verleih in Österreich hat und dem ein Kinostart in Österreich besonders empfohlen wird. Findet der Film einen Verleih, ist der Kinostart mit kostenlosem Anzeigenraum in der Tageszeitung „Der Standard“ verbunden.

Der VIENNALE-PREIS DER STANDARD LESER*INNEN-JURY geht an:

KELTI, Milica Tomović, Serbien 2021

KELTI | Milica Tomovic, Serbien 2021 |© Viennale

Jurybegründung: Das Geburtstagsfest eines achtjährigen Mädchens wird zu einer Bühne, auf der sich mehrere, einander überschneidende Dramen abspielen. In einer Ecke kritisieren die Kinder gegenseitig ihre Ninja-Turtles-Kostüme, in einer anderen geben sich die Erwachsenen betrunkenen Diskussionen und amourösen Abenteuern hin. Im Laufe einer einzigen Nacht ergründet dieses ambitionierte Altmaneske Ensemblestück Fragen der Identität, Intimität, Sexualität und Politik. Die Atmosphäre im Belgrad des Jahres 1993 mag düster erscheinen, doch die Regisseurin lässt den ganzen Film über Momente der Freude, Heiterkeit und Zärtlichkeit durchscheinen. Die Darbietungen wirken lebendig und improvisiert, so als würden wir auf eine Gruppe von Freunden stoßen, die sich inmitten von Gesprächen und Auseinandersetzungen befinden, die bereits vor unserem Eintreffen begonnen haben und danach weitergehen werden. Die Filmemacherin führt uns mit einem aufrichtigen und seriösen Blick durch die Welt der Kinder und stellt ihre Konflikte und Dilemmas mit ebenso viel Ernsthaftigkeit und Spannung dar wie jene der Erwachsenen. Die Menschlichkeit des Films, das Eingehen auf die Schwächen der Figuren und das Feingefühl für ihre Sehnsüchte haben uns berührt. Wir waren beeindruckt vom souveränen Umgang der Regisseurin mit dem Raum, ihrem klaren Fokus und ihrer Fähigkeit, eine große Anzahl von Charakteren so darzustellen, dass sie uns sofort vertraut erscheinen. Die Jury freut sich, diesen Preis an Milica Tomović für ihr unglaubliches Spielfilmdebüt KELTI zu vergeben.

FIPRESCI PREIS (PREIS DER INTERNATIONALEN FILMKRITIK)

Jury: Michael Phillips (USA), Veronika Zakonjsek (Slowenien), Marietta Steinhart (Österreich)

Zur Auswahl steht eine Reihe von Erst- und Zweitfilmen von Regisseur*innen.

Der FIPRESCI-Preis geht an:

RE GRANCHIO, Alessio Rigo de Righi, Matteo Zoppis, Italien/Argentinien/Frankreich 2021

RE GRANCHIO | Alessio Rigo de Righi, Matteo Zoppis, Italien/Argentinien/Frankreich 2021 | © Viennale

Jurybegründung: In ihrem visuell einfallsreichen Wechsel vom Dokumentar- zum Erzählfilm folgen Alessio Rigo de Righi und Matteo Zoppis ihrem verstoßenen Protagonisten von einer Tragödie im italienischen Tuscia des 19. Jahrhunderts bis zur Neuerfindung in der argentinischen Provinz Feuerland. Mit wissendem Blick, rauer Schönheit und authentischer Struktur unterstreichen die beiden Filmemacher die Kraft und Poesie der Folklore.

 

ERSTE BANK MehrWERT-FILMPREIS

Jury: Silvia Bohrn (Kulturmanagerin), Boris Manner (Philosoph, Kurator), Andreas Ungerböck (Herausgeber)

Zum 11. Mal wird heuer der von der Erste Bank initierte und gestiftete MehrWERT-Filmpreis vergeben. Der Erste Bank MehrWERT-Filmpreis wird unter den österreichischen Filmproduktionen, die von der Viennale kuratiert sind, über eine unabhängige Jury vergeben. Der MehrWERT-Filmpreis ermöglicht einen Aufenthalt in New York City einschließlich einer Werkpräsentation im Anthology Film Archives.

Der Erste Bank MehrWERT-Filmpreis 2021 geht an:

GROSSE FREIHEIT, Sebastian Meise, Österreich/Deutschland 2021

GROßE FREIHEIT | Sebastian Meise, Österreich/Deutschland 2020/21 | © Viennale

Jurybegründung: Es ist ein Film, der furchtlos ist, der politisch ist, ohne auf politische Korrektheit zu schielen, ein Film, der nicht psychologisiert und einen langen, spannenden erzählerischen Bogen hat. Freiheitseinschränkungen mit den einhergehenden Maßnahmen und Vollzug, die gesetzlich legitimiert in der jeweiligen Zeit als normal gelten, bilden den Rahmen für diese groß erzählten Liebesgeschichten. Grandiose Schauspieler, die in einem klaustrophobischen Setting die Grenzen ihrer Kunst ausloten, eine hervorragende Lichtsetzung und Kameraarbeit machen diesen Film zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.