Spielfilme

WHITE OF THE EYE

AUGE DES KILLERS, DAS
Donald Cammell
USA 1987
110 min
V'99

Die Inhaltsangabe im Filmlexikon geht so: "Eine Frau entdeckt, daß ihr Mann nach außen hin ein sympathischer Hifi-Techniker, in Wahrheit ein perverser Frauenmörder ist, und tötet ihn." Das ist schon mal falsch; sie tötet ihn nicht, ertötet nach einem langen Showdown sich selbst wie Pierrot le fou, mit lauter Dynamitstangen um den Bauch. All das kennt man inzwischen, 13 Jahre nach diesem Film sind solche Konstellationen abgenutzt: das kleine Nest in der Provinz; der brave Familienvater, der sich als Serienmörder entpuppt; die nichtsahnende Ehefrau; der alte Freund, der von ihr sitzengelassen wurde und sie nie vergessen konnte; der schlaue, hartnäckige Detektiv aus der Stadt, der von Anfang an den wahren Mörder auf dem Kieker hat. Aber so hat man das alles noch nicht gesehen - damals zur Zeit der Serienmörderfilme nicht und heute schon gar nicht mehr. Unglaublich.
Einzelne Einstellungen bleiben kleben wie Kletten in der Kleidung - eine Explosion in dem gigantischen Steinbruch am Ende, die Hunderte von Steinen in den See schleudert -, man sieht die endlosen Ketten ihres Auftreffens auf der Wasseroberfläche. Die Blicke auf Tucson, das in der Dämmerung selbst fast aussieht wie ein Steinbruch. Und dann ein Bild, das sozusagen ausgespart bleibt: Der Serienmörder ertränkt sein zweites Opfer in der Badewanne und hält der Ertrinkenden einen Moment lang einen Spiegel vor. Der Gegenschnitt fehlt zwar, man sieht also nicht durch die Wasseroberfläche, was die Ertrinkende im Spiegel sieht, aber man kann es sich vorstellen. Die modernen, einsamen Luxus-Avantgarde-Häuser am Wüstenrand, in denen reiche Frauen grausam sterben: Ich bringe Menschen um, die schon tot sind, was soll daran falsch sein? sagt der  Mörder seiner Frau. Nachdem sie entdeckt hat, daß er ein Mörder ist, weil sie abgepackte menschliche Organe unter der Badewannenverkleidung gefunden hat, stellt sie ihn mit dem Mut der Verzweiflung zur Rede, und er sagt nur: Ja, darüber wollte ich schon lange mit dir reden, Schatz - als ginge es um die Umgestaltung der Veranda. Und sie schläft sogar nach seinem Geständnis noch mit ihm! Aus Angst? Oder weil sie ihn noch immer liebt?
Solche Filme mit solchen Geschichten gab es viele, aber White of the Eye war sozusagen das verschollene Meisterwerk, nach dem alle anderen ihre Varianten gestrickt haben. Wenn ich Archäologe wäre, würde ich das ein missing link nennen. (Dominik Graf)
 

Credits
  • David Keith - Paul White
  • Cathy Moriarty - Joan White
  • China Kong - Ruby Hoy
  • Donald Cammell
  • Larry McConkey
  • Michael C. Wright
  • Rick Fenn; Pink Floyd
  • Philip Thomas
  • Marril Greene
Cannon
35 mm
col
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