Early Austrians

PROGRAMM 11: MELODRAM 1

AUT
74 min
V'09

Die Süße des Leidens ist ein fundamentales Bedürfnis, das nicht vom Kino allein bedient wird. Doch hier hat sie eine eigenständige Grammatik entwickelt, die prägnant die sozialen Ängste und Sehnsüchte ihrer Epoche registriert. Dies gilt in besonderem Maß für die Kino-Melodramen der Donaumonarchie, deren soziale Konstitution im starken Kontrast zum Heute steht. Die Zirkusgräfin erzählt vom sozialen Aufstieg einer schönen Frau. Minka, Tänzerin, Kunstreiterin, verehrte und umsorgte Freundin eines eifersüchtigen Clowns, ist der Welt des Zirkus müde. Sie wird die Geliebte eines wohlhabenden Gutsherrn, ändert ihr Aussehen und ihr Auftreten. Vollständig ihrer neuen Umgebung angepasst, besucht sie nach Jahren erneut den Zirkus. Der Clown erkennt sie. Sein Herz ist geborsten. In der Manege stürzt er tot zusammen. (Elisabeth Büttner, Christian Dewald) 1912 beurteilt die «Kinematographische Rundschau» Die Zirkusgräfin als ein Kino-Drama, «das auf dem reizendsten Fleckchen unseres Vaterlandes spielt, das mit echtem Material dargestellt, von hervorragenden Künstlern gespielt wird und erst in der Detailmalerei den hohen Wert der Dichtung zeigt.» So fallen die Lose des Lebens ist die Geschichte zweier Schwestern, die vom Leben gerade im umgekehrten Verhältnis zu ihrem seelischen Wert entlohnt werden. Während die leichtsinnige Mela dank des Opfers ihrer Schwester den sozialen Aufstieg schafft, wird diese dafür nicht nur eingesperrt, sondern muss noch für einen weiteren Fehltritt ihrer Schwester mit dem Leben bezahlen. Friedrich Rosenthals Film «ist dahingehend tragisch, als er eine überkommene Welt, die das ‹Pochen an der Zimmertür› (Stefan Zweig) der Katastrophen des 20. Jahrhunderts hinter ihren Vorhängen und schweren Türen nicht zu hören vermag, melancholisch verabschiedet.» (Michael Loebenstein) Musik: Gerald Selig (Flöte, Klarinette, Bassklarinette, Sopransaxofon, Baritonsaxofon), Florian C. Reithner (Klavier, Akkordeon)

Die Zirkusgräfin (Aus dem Leben eines Wanderzikusses) (1912, schwarzweiß, dt. Zwischentitel) Regie (vermutlich): Felix Dörmann; Drehbuch: Felix Dörmann; Darsteller: Felix Dörmann, Eugenie Bernay, Heinrich Eisenbach, Mizzi Telmont, Künstlergesellschaft Schauberger; Produktion: Vindobona-Film Ges.m.b.H. Dörmann & Tropp (Wien) 35mm/stumm, 22 Minuten; So fallen die Lose des Lebens (1918, schwarzweiß, dt. Zwischentitel) Regie: Friedrich Rosenthal; Drehbuch: Heinrich Glücksmann; Darsteller: Liane Haid, Thea Rosenquist, Hermann Benke, Hans Rhoden, Wilhelm Klitsch, Anton Edthofer, Karl Ehmann; Produktion: Wiener Kunstfilm-Industrie-Ges.m.b.H. (Wien), 35mm/stumm, 52 Minuten

Credits
35 mm
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