Jean-Pierre Gorin

VENT D'EST

Groupe Dziga Vertov (Jean-Luc Godard, Jean-Pierre Gorin, Gerard Martin)
FRA, I, BRD 1969
100 min
V'04

Eine Exploration des Western-Genres, das die 68er kultisch verehrten. Ein Dekonstruktionsfilm mit brillanten Texten, Ironie und Witz, eine nützliche filmische Übung, um die Rolle und die Funktion der Bilder zu verstehen. Dazu ging es den beiden Filmemachern um die Position der Zuschauer im Rahmen des komplexen Systems Kino: Man wollte sie als Konsumenten von der Entfremdung durch stereotype Bilder befreien und das richtige Sehen lehren. Die Zeit, in der das Publikum dies lernen wollte, war allerdings kurz. Den meisten war die Idee einer Leinwand als schwarze Tafel, auf der die politisch-theoretischen Wahrheiten der damaligen Zeit auf- bzw. eingeschrieben wurden, unerträglich. Godard als Pädagoge, der eine Lektion erteilt? Mehr denn je. Aber als Virtuose der Vertovschen Montage und der Umdeutung der «Zeichen» ließ er zu, dass man Daniel Cohn-Bendit und Gian Maria Volonté zwischen den kostümierten Personen seines Films erkennen konnte. Abgesehen von dem, was auf die politische und theoretische Linke dieser Zeit verweist, bleibt Vent dest ein unvergleichlicher Dekonstruktionsfilm, mit brillanten Texten und viel Sinn für Humor; eine nützliche filmische Übung um die Rolle und die Funktion der Bilder zu verstehen. Vent dest hat das Bürgerlich-Romantische angegriffen, und das, was es als Illusionen auf der Ebene des Tons und der Bilder transportiert. Noch gründlicher dachten Godard und Jean-Pierre Gorin über die Position des Zuschauers innerhalb des kinematografischen Gebildes nach: gegen die Identifikation, für die Reflexion und ein Bewusstsein des Spezifischen des filmischen Materials (Ton und Bild bei der Arbeit). Als ob es gelte, den Zuschauer von seiner Entfremdung als Konsument von stereotypen Bildern zu befreien. Heute kann uns das zum Lachen bringen. Aber damals war es sehr ernst gemeint. Und in gewisser Hinsicht war es eine unvergessliche Erfahrung. (Serge Toubiana, Cahiers du cinéma, 11/1990) Im Sommer 1969 begannen in Italien die Dreharbeiten; Cohn-Bendit zeigte sich dort nur kurz, dafür kam Glauber Rocha ins Spiel, der sich zufällig in Rom aufhielt. Godard und Gorin hatten in einer der wenigen bekannten Einstellungen von Vent d’est den hervorragenden Vertreter eines «revolutionären Kinos der dritten Welt» deutlich ironisiert. Sie hatten Glauber Rocha an einer Weggabelung aufgestellt und ihn von einer mit einer Schmalfilmkamera ausgerüsteten schwangeren Frau nach der «Richtung des politischen Kinos» fragen lassen. Das Statement ist deutlich genug: Es ist falsch, das bourgeoise, imperialistische Kino mit seinen eigenen falschen Waffen zu bekämpfen. (Martin Schaub, 1979)

Credits
  • Jean-Luc Godard
  • Gian Maria Volonté - Soldat
  • Anne Wiazemsky - Hure
  • Christiana Tullio-Altan - Mädchen in Rosa
  • Rick Boyd - Indianer
  • Paolo Pozzesi - Journalist
  • Georg Götz - Funktionär
  • Daniel Cohn-Bendit
  • Marco Ferreri
  • Jean-Luc Godard
  • Sergio Bazzini
  • Daniel Cohn-Bendit
  • Mario Vulpiani
  • Antonio Ventura
  • Carlo Diotalleri
  • Jean-Luc Godard
  • Jean-Pierre Gorin
  • Lina Nerli Taviani
Anouchka Films
Kirch Media Robert-Bürkle-Straße 2 85737 Ismaning, Deutschland T 89 9956 2439 F 89 9956 2751
16 mm
col
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