Franz Schwartz

MARION

Manuel Poirier
FRA 1996
106 min
V'08

Es gibt in diesem Dorf zwei Häuser: Ein kleines niedriges, mitten in einer Wiese, nichts unterscheidet es von allen anderen. Und es gibt ein großes, stattliches Haus in einem schönen Garten, hinter Mauern. In das kleine Haus zog vor kurzem ein Maurer ein, mit seiner Frau und den vier Kindern. Nach der Arbeit auf der Baustelle richtet er das Haus mithilfe seiner Freunde her. Es ist nicht einfach für ihn und seine Familie, die Erhaltung des Hauses ist teuer. Das andere, große Haus ist der Zweitwohnsitz eines wohlhabenden Ehepaares aus Paris. Ohne dass dies besonders hervorgehoben werden würde, ist der Unterschied zwischen den Bewohnern der beiden Häuser deutlich zu merken. Es wohnen nicht dieselben Menschen darin, ihre Gesten sind unterschiedlich, ihre Sprache, ihre Worte. Die Szenen, in denen die Paare einander begegnen, gehören zu den schönsten Momenten, die in kritischen Komödien seit langem gezeigt wurden. Zwischen den Häusern entsteht eine Beziehung, gegenseitiges Begehren, Neugierde, Fantsasmen. Marion wird zum Objekt der Begierde. Sie ist zehn Jahre alt, die jüngste Tochter des Maurers. Die Parisierin fokusiert nach und nach ihren Kinderwunsch auf sie, zeigt ihr Dinge, die sie von zu Hause nicht kennt. Die verantwortungslose Beharrlichkeit ihrer Gefühle destabilisiert die Familie aus dem kleinen Haus, die außerdem mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Es wäre ein leichtes, daraus einen Film der Gegenpole zu machen: reich und arm, Stadt und Land. Das Talent Manuel Poiriers besteht darin, zu zeigen, was Wahres in diesen Gegenpolen steckt und es dramaturgisch perfekt in Szene zu setzen. Der Aufbau der Erzählung und der Schnitt sind ein Meisterwerk. Die kleinen Geschehnisse scheinen ständig in Bewegung, sie beeinflussen einander gegenseitig, überlagern, widersprechen, umkreisen einander, um sofort darauf ihre ursprüngliche Bahn wiederzufinden. Hinter der vordergründigen Schlichtheit verbirgt sich eine äußerst komplexe Erzählstruktur. Die Organisation der Erzählung berücksichtigt die Zeit, die die Gesten beanspruchen. Sie wird benötigt, um die Beziehungen der Personen zueinander und zu den Dingen zu zeigen, um die unterschwelligen Spannungen zu verdeutlichen, genau wie die großen Ausbrüche, die langsam aufkommenden Gefühle, Wut und Lachen. (Jean-Michel Frodon, Stadtkino-Programm Nr. 327)

Credits
  • Coralie Tetard - Marion
  • Pierre Berriau - Vater
  • Elisabeth Commelin - Mutter
  • Marie-France Pisier - Frau aus Paris
  • Jean-Luc Bideau - Mann aus Paris
  • Laure Fernandez - Stéphanie
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