STROSZEK

Eine Geschichte, so einfach und manchmal so komisch wie eine jener tieftraurigen Hinterhof-Balladen, die der unvergleichliche Bruno S. zum Akkordeon singt. Nichts von der parfümierten Larmoyanz leicht berechenbarer Sozialdramen, dafür der schroffe, dissonante Ton eines Liedes über die Zerstörung eines Traumes und die Verhinderung einer Existenz. Bruno wird aus dem Gefängnis entlassen, bekommt gute Ratschläge mit auf den Weg und weiß schon, dass sich «alles im Kreise dreht». Im «Bierhimmel», einer ziemlich miesen Berliner Kneipe, trifft er die Hure Eva wieder, die unter zwei rüden Zuhältern leidet. Die beiden Kerle machen auch Bruno fertig, schlagen und demütigen ihn. So wächst der Plan zur Flucht nach vorn: Bruno, der Straßensänger aus Berlin, fährt nach Amerika, zusammen mit der Hure Eva und dem alten Herrn Scheitz, der einen Neffen in Wisconsin hat. Ein seltsameres Trio suchte noch nie sein Glück im Promised Land: Bruno, der schwerblütige, schwerfällige Träumer, der ganz selbstverständlich davon ausgeht, in Amerika «durch Arbeit schnell reich» zu werden; Herr Scheitz, der versponnene Greis, der hingebungsvoll an einer absonderlichen Theorie des «tierischen Magnetismus» arbeitet; Eva, halb Nutte, halb Hausmütterchen, die denn auch als einzige aus dem Wahnsinnsunternehmen aussteigt und sich mit ein paar lustigen Truckern nach Kanada absetzt. (Hans C. Blumenberg)