ROUTE ONE/USA

Ein gigantisches Filmprojekt, ein Film wie ein Baum oder ein Fluß, ein Filmgewebe aus tausend Fasern, eine Filmlandschaft. Route One ist eine Strecke, die nicht einfach der geraden Linie einer Straße folgt, sondern ein ganzes Netz eröffnet, das aus Lebensläufen, Stimmen und Legenden gewirkt ist - das Zellgewebe eines Sozialkörpers. Route One erzählt von der Erfahrung der Vereinigten Staaten als ein lebender Organismus. Ein Abenteuer: fünf Monate Drehzeit, ein Jahr für den Schnitt. Eine Straße. Die US-Landstraße 1 durchquert die Vereinigten Staaten von Norden nach Süden. Route One war um 1936 die wichtigste und meistbefahrene Straße der Welt. Mit der Zeit ist sie zur Verbindungsstrecke zwischen kleineren Städten geworden. Inzwischen macht ihr eine Autobahn Konkurrenz, so daß sie nicht viel mehr als eine Spur aus Vorzeiten darstellt, die sich durch Städte und Dörfer zieht, in Vorstädten verliert. Als ordentliche Straße existiert sie nur an wenigen Stellen, so daß man im Film aufatmet, als sich das erste Mal eine Strecke findet, auf der man richtig fahren kann. Wenn man wirklich vorankommen will. Es ist eine Beziehung zu spüren, zwischen Route One, die nur noch ein Schatten ihrer selbst ist, unserer Vergangenheit und all den Minderheiten der amerikanischen Kultur. Hinzu kommt, daß diese Straße tatsächlich aus Gründerzeiten stammt, es ist die Straße der Indianer, die der Postwagen und damit der ersten Versuche, die Vereinigten Staaten zu organisieren. Nicht zu vergessen: ihre militärische Bedeutung. (Colette Mazabrard/Robert Kramer)