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KISS ME DEADLY

Robert Aldrich
USA 1955
106 min
V'08

Ein billiger Bahnhofskrimi des amerikanischen Autoren A. I. Bezzerides bildet die Vorlage zu Kiss Me Deadly. Ein gut aussehender, etwas selbstgefälliger, amerikanischer Privatdetektiv nimmt eine junge Frau in seinem Auto mit. Wenig später wird sie tot aufgefunden. Ralph Meeker nimmt sich dieses mysteriösen Falles an, beginnt die Spur der jungen Toten zu verfolgen und gerät mitten in die gefährlichen Machenschaften einer nuklearen Verschwörung. Kiss Me Deadly besticht durch seine formale Prägnanz, die Virtuosität der Kamera und der Montage, vor allem aber durch die Offenheit seines Spiels. Es ist ein Film über die Paranoia des Kalten Krieges, über Angst und Entfremdung der amerikanischen Gesellschaft der 1950er Jahre. «Robert Aldrich zeigt durch eine exakte Dissonanz, die hellsichtig-lyrische Beschreibung einer dekadenten, aseptischen, metallischen, ausweglosen Welt», schreibt Jacques Rivette, «die Chronik der letzten Zuckungen des Noch-Menschlichen im Menschen, inmitten eines rein künstlichen Universums, aus dem die Natur fast systematisch ausgeschlossen ist, wofür die künstliche Welt des degenerierten Kriminalromans das beklemmende Bild liefert; der Bericht einer moralischen Asphyxie, deren einziger Ausweg nur ein gleichsam mythischer Akt der Zerstörung sein kann. Aldrich stellt der traditionellen Handlungsmoral eine negative Moral gegenüber, die jener nicht widerspricht, sondern sie durch das Absurde belegt: das eigentliche Sujet von Kiss me deadly ist eben die Zerstörung der Moral, und ihre Konsequenzen.» Astrid Ofner Die Luft ist so kalt, dass jeder Atemzug in den Lungen sticht. Jeder hastige Schritt jagt schneidende Schmerzen in die Brust. Kalter Schweiß steht auf der Stirn, während das Herz qualvoll pumpt, bis zum Hals hinauf schlägt. Trübes Licht mühte sich aus den wenigen Laternen, verzweifelte Leuchtfeuer inmitten der Nacht. In der Ferne das Rauschen der Stadt - verführerisch, vertraut, unerreichbar. Und darüber der Lärm der Verfolger, schwere Stiefel auf rissigem Zement, die sich durch die engen Gassen bewegen, langsam die Schlinge zuziehen. Ein Netz auswerfen, aus dessen Maschen es kein Entrinnen mehr gibt. Die Flucht endet hier, heute Nacht. Alle Hoffnung ist verloren, alle Chancen verspielt, alles Glück aufgebraucht. Der Wille ist noch nicht ganz gebrochen. Ein letztes Aufbäumen, ein letztes Mal die Spitze der Welt sehen. Dann ist da Musik, ganz sachte und leise schiebt sie sich zwischen Kälte und Angst. Ein Lied, das da durch geschlossene Türen dringt. Ein bisschen Abschied darin, ein langer Abschied. Vom Leben, von der Liebe, von der Erfüllung der Träume.

Credits
  • Albert Dekker - Big Jim Colfax
  • Juano Hernandez - Wesley Park
  • Ralph Meeker
  • Paul Stewart
  • Wesley Addy
  • Marian Carr
  • Maxine Cooper
  • Cloris Leachman
Robert Aldrich, Victor Saville
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