PROLETARISCHES KINO: PROGRAMM 14 - FRITZ ROSENFELD 3
Luciano Emmer setzt in seinem Kurzfilm Goya den aufrüttelnden Bilderzyklus über die Schrecken des Krieges in Szene. Durch das Auge der Kamera werden Details offenbar, «und wenn auf die Reihe der Kriegsszenen die Gemälde der selbstzufriedenen Königsfamilie und der Hofschranzen folgen, und dann die gezeichneten Alpträume Goyas, die Untiere mit Fledermausflügeln, die Grimassen der Gier, der Lüge, des Mordes, dann wird die ganze Welt des Künstlers, die bisher nur voll erfassen konnte, wer Zugang zu den über viele Museen verstreuten Werken hatte, in wenigen unheimlich lebendigen Filmminuten klar und deutlich». (Fritz Rosenfeld) Niemandsland ist der seltene Fall eines pazifistischen Kriegsfilms aus Weimardeutscher Produktion und die bekannteste Regiearbeit des jungen Viktor Trivas. Nach der als große Montagesequenz inszenierten Schilderung des friedlichen Alltags eines Deutschen, eines Franzosen, eines Engländers, eines Schwarzen und eines russischen Juden wechseln Ton und auch Tempo nach dem Ausbruch des Weltkriegs, und der Film nimmt die Form eines Kammerspiels an: Die fünf Männer, nunmehr «Feinde», treffen in einem halbverfallenen Unterstand inmitten des tödlichen Niemandslands zwischen den Fronten aufeinander. 1933 wurde der Film in Deutschland verboten. Wappen und Fahnen, der Text der Kriegserklärungen und Aufrufe, abrollende Soldatenzüge, Schiffsfrachten voll Kanonenfutter, Berge von Granaten, winkende, weinende Frauen und Kinder, Musik, Orden, Waffen, abermals Fahnen, abermals Soldaten - hier spricht der Film wieder seine beredte Bildersprache , deren Wucht durch die untermalende Musik Hanns Eislers noch erhöht wird. Viktor Trivas wiederholt aber nicht mechanisch die Technik des Russenfilms, er hat auch eigene schlagkräftige Einfälle. Die kriegsbegeisterten Bürger winken den Soldaten von einem Balkon zu, auf dem «Sargmagazin» steht, die Frauen grüßen aus einer offenen Tür, neben der die Schilder eines Leichenbestattungsunternehmens hängen; über den Wald bunter Flaggen aller Nationen, die lustig im Wind flattern, senkt sich schwer eine schwarze Trauerfahne, die Soldaten aller Nationen exerzieren nach demselben Kommando. (Fritz Rosenfeld)
Goya (I Disastri della guerra – La festa di Sant’Isidoro) Italien 1951, Regie: Luciano Emmer, Kamera: Mario Bava, Regieassistenz: Lauro Venturi, Musik: Andrés Segovia, Produktion: Sergio Amidei, Colonna Film, 35mm/Ton/Schwarzweiß/ohne Dialog, 16 Minuten
Niemandsland Deutschland 1931, Regie: Viktor Trivas, Drehbuch: Viktor Trivas nach einem Entwurf von Leonhard Frank, Kamera: Alexander Lagorio, Georg Stilianudis, Schnitt: Walther Stein, Leberecht von Guaita, Ton: Carl Erich Kroschke, Gustav Brinkmann, Musik: Hanns Eisler, Ausstattung: Arthur Schwarz, Darsteller: Ernst Busch, Hugh Stephens Douglas, Louis Douglas, Georges Péclet, Wladimir Sokoloff, Renée Stobrava, Produktion: Resco-Filmproduktion Anton Resch, Berlin 35mm/Ton/Schwarzweiß, 93 Minuten