Dokumentarfilme

GENÈSE D'UN REPAS

GENESE EINER MAHLZEIT
Luc Moullet
FRA 1978
117 min
V'98

Moullet, ein pervertierter Pädagoge, hat hier seinen am schärfsten sozial und politisch akzentuierten Film vorgelegt. Indem er auf eine sehr diesseitige Weise den ökonomischen Weg (Herstellung, Verkauf, Werbung) einer senegalesischen Thunfischdose, eines französischen Eis, einer Banane aus Ecuador und des Filmmaterials vergleicht, demoliert Moullet die Mechanismen des Imperialismus, ob er nun französisch oder amerikanisch ist; diese Beweisführung ist nicht ohne Überraschungen. Moullet interviewt Unternehmer und Arbeiter, er vermischt cinéma direct und Fiktion und rückt dabei durch die Feinheiten der Montage und des Kommentars auf humorvolle Weise einige Wahrheiten an den richtigen Platz. Er durchbricht nebenbei auch ein paar Tabus, die in der französischen Linken fest verankert sind. Exemplarisch beweist der Film, wie man ein französischer Arbeiter sein und dennoch ökonomisch seinen Kollegen aus der dritten Welt ausbeuten kann. Und der Gipfel ist erreicht, wenn Moullet seine Selbstkritik betreibt: Ist er, der Filmemacher, nicht seinerseits im Begriff, alle Unterdrückten der dritten Welt auszubeuten? (Gerard Courant)

Und weil Moullet Moullet ist, ist diese Reise zum Zweck der Spurensicherung eine höchst idiosynkratische Tour. (...) Bloße Neugier führt zum größten Abenteuer innerhalb dessen, was man als Science-Fiction-Film über die dritte Welt bezeichnen könnte. Klarerweise ist Genèse d'un repas ein Dokumentarfilm und fällt damit in ein Kinosystem, in dem sich Moullets finanzielle Beschränkungen als Gewinn erweisen. Ein opulent budgetierter Film über das Leben der Armen hätte wohl etwas Obszönes an sich. Das heißt aber nicht, dass uns Moullet schmerzvolle Wahrheiten erspart. Nur wird unser Schmerz zum Spielball der Lewis-Carroll-artigen Logik des Kapitalismus im späten zwanzigsten Jahrhundert, in dem entfremdete Arbeit zum Lebensstil geworden ist: hier die Arbeit der Menschen, die in der Produktion von Grundnahrungsmitteln beschäftigt sind und diese keineswegs so selbstverständlich konsumieren können wie die Weißen (westerners), denen sie dienen. Auch wenn Moullet seine Kamera von der mechanischen Frivolität seiner kornischen Attraktionen abwendet, wird Genèse d'un repas doch nicht zum ethnographischen Dokument, das Jean Rouch von so einer Reise mitbrächte. Es ist bezeichnend, dass die zwei Filme, zu denen Moullet seinen eigenen in Bezug setzt, Orson Welles' F for Fake und Gorins Letter to Jane sind. Von allen Filmen misstrauen diese am meisten jener "Wahrheit", die vorzulegen sie imstande sein möchten. (David Ehrenstein)

Credits
  • Luc Moullet
  • Antonietta Pizzorno
  • Luc Moullet
  • Richard Copans
  • Guy Patrick Sainderichin
  • Patrick Frederich
  • Valéria Sarmiento
Moullet et Cie.

Moullet et Cie.

16 mm
bw
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