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(c) Viennnale / SYNONYMES

Filmtipps für das 2. Wochenende

29 Okt 2019

Filmtipps für das 2. Wochenende

Hier unsere Filmtipps für Freitag, Samstag und Sonntag (1.bis 3. November 2019):

(c) Viennale
Monografie Angela Schanelec
ICH WAR ZUHAUSE, ABER (I WAS AT HOME, BUT)
D/SRB 2019, 105 Min, OF/OmeU
R: Angela Schanelec, Mit: Maren Eggert, Jakob Lassalle, Clara Möller
Drei Ordnungen: Erwachsene, Kinder (die nie nur Kinder sind) und eine Schöpfung (Hase, Hund, Esel, Wachtel, Moos, Wasser, Licht), die auch ohne uns auskommen könnte. Zu Erde werden wir alle, der Satz sticht aus den Hamlet-Proben der Schüler*innen, die Angela Schanelec als Synkopen in den Lauf ihrer vielgliedrigen Erzählung setzt. Vor zwei Jahren hat Astrid ihren Mann, haben ihre beiden Kinder den Vater verloren. Eine neue Angst, aber auch neue Daseinslust hallen durch den Film, der über uns langsam sein filigranes Dach errichtet, aus feinen, verzweigten Szenen und Fragen: Was ist mein Auftrag im Leben?
In Anwesenheit von Angela SchanelecMaren Eggert und Ivan Markovic (Kamera).
Tickets & Infos: 1.11., 20.45 h, Gartenbaukino (OF)4.11., 21 h, Filmmuseum (OmeU) Resttickets

(c) Viennale
ZOMBI CHILD
F 2019, 103 Min, OmeU
R: Bertrand Bonello Mit: Adilé David, Katiana Milfort, Louise Labèque
Stimmungsvolle Hommage an das Gruselkino, die den Alltag im wohlhabenden Frankreich mit der grausamen Kolonialgeschichte Haitis verknüpft. Ein fiebriger Film über das Erwachsenwerden, ein aufrichtiger Film über das Erbe der Geschichte.
In Anwesenheit von Bertrand Bonello.
Tickets & Infos: 1. 11., 23.30 h, Gartenbaukino (OmeU)

(c) Viennale
GIRAFFE
D/DK 2019, 87 Min, OmeU
R: Anna Sofie Hartmann, Mit: Lisa Loven Kongsli, Jakub Gierszal, Maren Eggert
Ein Tunnel soll Lolland mit Deutschland verbinden, versprochen werden schnellere Handelsrouten. In ihrem ersten Spielfilm entwickelt Hartmann, dänische dffb-Absolventin, ein vor allem ethnografisch-essayistisches Interesse an ihrem Thema und verbindet ihre Beobachtungen in Lolland mit einer kleinen Spielhandlung. Die Ethnografin Darla dokumentiert, was aufgrund des Projektes demnächst verschwinden wird: Sie fotografiert Häuser und führt Interviews mit den Anwohnern. Polnische Bauarbeiter hoffen derweil auf eine Zukunft in Dänemark – und werden um den Lohn geprellt. Die Vergangenheit wird abgerissen, und die Gegenwart ist so flüchtig wie die gemeinsame Zukunft zweifelhaft.
In Anwesenheit von Anna Sofie Hartmann.
Tickets & Infos: 1.11., 15.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus3.11., 18.30 h, Urania

(c) Viennale
LES ENFANTS D’ISADORA (ISADORA‘S CHILDREN)
F/Südkorea 2019, 84 Min, OmeU, R: Damien Manivel,
Mit: Manon Carpentier, Julien Dieudonné, Agathe Bonitzer
Nach dem Unfalltod ihrer beiden Kinder im April 1913 choreografierte Isadora Duncan, die als Begründerin des modernen Tanzes gilt, ein Solo mit dem Titel „The Mother“, in dem sie dieses traumatische Erlebnis in einem zarten Bewegungszauber zu exorzieren versuchte. Ein Jahrhundert später konfrontieren sich vier sehr unterschiedliche Tänzerinnen mit dem künstlerischen Erbe einer persönlichen Tragik.
In Anwesenheit von Damien Manivel.
Tickets & Infos: 1.11., 23 h, Stadtkino im Künstlerhaus3.11., 16 h, Urania

(c) Viennale
Monografie Silvia das Fadas
CINEMA LIVE (60 MIN)
LUZ, CLARÃO, FULGOR – AUGÚRIOS PARA UM ENQUADRAMENTO NÃO-HIERÁRQUICO E VENTUROSO (LIGHT, BLAZE, FULGOR — AUGURIES FOR A NON- HIERARCHICAL FRAMING AND FLOURISHING)

P/D/A 2019, stumm (Doppelprojektion; Live-Vertonung durch Joao Farelo)
Das Abweichende, Emanzipatorische, die Gegenbewegung, das Anti-Hierarchische, Utopische inspiriert Sílvia das Fadas mehr als alles andere. Und so organisiert sie ihre Bilder zu einem politisch engagierten, avantgardistischen Kino. Einen weiteren Beweis hierfür liefert ihr jüngstes Projekt LUZ, CLARÃO, FULGOR. Ausgangspunkt war ein Schwarzweißfoto aus der portugiesischen Region Alentejo, das Ruinen der dort 1917 von António Gonçalves Correia gegründeten anarchistischen „Kommune des Lichts“ zeigte – der wiederum knapp zehn Jahre später eine „Kommune des Blitzes“ folgen sollte. Aus den Resten dieser Sozialutopien will LIGHT, BLAZE, FULGOR eine radikale neue Bewegung und Bewegtbildidee erstehen lassen; vermittels des von der portugiesischen Schriftstellerin Maria Gabriela Llansol geprägten Begriffs „Fulgor“, der das Sich-Ereignen plötzlicher Perspektivwechsel sowie fundamental neuer Erkenntnisse bezeichnet. „Fulgor“ also, ermöglicht von zwei Projektionen im Dialog und in wechselseitiger Spannung, angelegt als Reise durch Kinosäle und Galerien, expandiert in öffentliche Räume, Metamorphosen durchlaufend, ein Work in Progress auf dem Weg in eine nichtrassistische und nichtkapitalistische, die Güter gerecht verteilende Welt, die nicht mehr um ihr Überleben zu fürchten braucht.
In Anwesenheit von Silvia das Fadas und Joao Farelo.
Tickets & Infos: 1.11., 21.30 h, Filmmuseum

(c) Viennale
MADAME SATÃ
Brasilien 2002, 105 Min, OmeU R: Karim Aïnouz
Mit: Lazaro Ramos, Marcelia Cartaxo, Flavio Bauraqui
Ein großer Film des brasilianischen Kinos, der in bunten Explosionen die Geschichte einer queeren Ikone erzählt: Madame Satã, eine der außergewöhnlichsten Figuren der südamerikanischen Popkultur. Transvestit-Performerin, krimineller Straßenkämpfer und Vater von sieben Kindern. Ein unvergessliches Biopic.
Tickets & Infos: 2. 11., 15.30 h, Gartenbaukino

(c) Viennale
EMA
Chile 2019, 102 Min, OmeU, R: Pablo Larraín
Mit: Santiago Cabrera, Mariana Di Girolamo, Josefina Fiebelkorn
Gleichermaßen Psychothriller, expressionistische Hymne an Emanzipation und sexuelle Freiheit sowie extravagantes Reggaeton-Musical erzählt EMA am Beispiel eines Künstlerpaares vom versuchten Ausbruch aus bürgerlichen Normen. Alles scheint hier zu tanzen: Lichter, Bilder, Blicke und die Rebellion.
Tickets & Infos: 2. 11., 23.15 h, Gartenbaukino

(c) Viennale
OLANDA
D 2019, 154 Min, OmeU/OmdU
R: Bernd Schoch, Mit: Ileana Manicea, Marian Maruntelu, Mihaela Maruntelu
Lagerfeuer und Stirnlampen, morgendliche Gebete und viele Zigaretten vor improvisierten Zelten – die Schlafstellen der Pilzsammler in den rumäni schen Karpaten erinnern an die Goldgräbercamps früherer Tage. Wie diese gehören sie gleichermaßen zur Peripherie wie zum geldwerten Zentrum einer durchkapitalisierten Welt, in der jeder Zentimeter Boden ausgebeutet sein will. Zwischenhändler in ausgemusterten deutschen Fischlastern liefern Brot und Bier und erklären die Marktgesetze. Immersive, tritt starke Hommage an jene unfreiwilligen Waldgänger, denen selbst der Pope für eine Beichte 20 kg Schwammerl abknöpft.
In Anwesenheit von Bernd Schoch.
Tickets & Infos: 1.11., 21 h, Urania • 2.11., 12 h, Stadtkino im Künstlerhaus

(c) Viennale
OROSLAN
SLO/CZ 2019, 71 Min, OmeU
R: Matjaž Ivanišin, Mit: Margit Gyecsek, Dejan Spasi´c, Milivoj Miki Roš
Ob Hochzeitsgelage, Schweineschlachtung oder gar Fläche zur Totenaufbahrung. Im ungarischen Hinterland, wo die Menschen in ihren matschverschmierten Gummistiefeln aber slowenisch sprechen, muss ein einziger Tisch immer noch für alle Gelegenheiten herhalten. Zumindest wird dies so erzählt von Verwandten, Bekannten und der Nachbarin von Oroslan, dessen Tod die Dörfler zu fragmentarischen Erinnerungssprechern werden lässt. So provinziell die Lokalität, so avanciert verwebt sich zwischen postsozialistischem Kneipendunst und Essen auf Rädern eine von kühnen Aussparungen geleitete Erzählhaltung zur nebelverhangenen Meditation über ein – fiktives? – Menschenleben.
In Anwesenheit von Matjaž Ivanišin.
Tickets & Infos: 1.11., 13.30 h, Metro, Historischer Saal • 2.11., 18.30 h, Urania

(c) Viennale
O QUE ARDE (FIRE WILL COME)
E/F/LUX 2019, 85 Min, OmeU, R: Oliver Laxe,
Mit: Amador Arias, Benedicta Sánchez, Inazio Abrao
Es brennt im Hinterland Galiziens. Bäume wanken, Asche verdunkelt den Himmel. Amador lebt im Albtraum eines Feuers. Vor Jahren hat er einen Brand verursacht, nun kommt er aus dem Gefängnis zurück, um mit seiner Mutter auf einem kleinen Hof in den Hügeln zu arbeiten. Oliver Laxe folgt dem verschlossenen Mann und bannt seine Heimat melancholisch auf schönes Zelluloid. Wenig wird ausformuliert, alles liegt in den Gesten und Bewegungen. Man fühlt die Spannungen zwischen Harmonie und Horror. Die Welt der Pflanzen, Tiere und Menschen gleitet ineinander. Aber in der Stille des Films knistert es und bahnt sich eine Katastrophe an.
Tickets & Infos: 2.11., 21 h, Urania • 5.11., 23 h, Stadtkino im Künstlerhaus

(c) Viennale
SYNONYMES
F/Israel/D 2019, 123 Min, OmdU/OmeU, R: Nadav Lapid
Mit: Tom Mercier, Quentin Dolmaire, Louise Chevitolle
Der Israeli Yoav versucht, seine Identität auszulöschen und in Paris als Exilant zu überleben. Ein herzergreifend schamloser Film, der die Grenzen zwischen Humor und Niedertracht auslotet und mit dem Goldenen Berlinale-Bären belohnt wurde.
In Anwesenheit von Tom Mercier.
Tickets & Infos: 2. 11., 18 h, Gartenbaukino (OmdU)3. 11., 12.30 h, Gartenbaukino (OmeU)

(c) Viennale
LA GOMERA (THE WHISTLERS)
RO/F/D 2019, 98 Min, OmdU, R: Corneliu Porumboiu,
Mit: Vlad Ivanov, Catrinel Marlon, Rodica Lazar
Hommage an den Film noir und dessen Dekonstruktion zugleich: Cristi, ein vielleicht korrupter Polizist, findet sich in der schwierigen Position wieder, von zwei Seiten gleichzeitig zur Kooperation erpresst zu werden: von einem Verbrecherring einerseits und von der eigenen Vorgesetzten andererseits. Dann ist da Gilda, die Femme fatale, die vielleicht auf seiner Seite steht – oder auch nicht. Um seinen Teil einer Abmachung zu erfüllen, muss Cristi nach La Gomera, um dort die klandestine „Pfeif-Sprache“ zu erlernen, aber das überraschende Finale wird sich vor der Kulisse der märchenhaften Leuchtturmgärten von Singapur abspielen.
Tickets & Infos: 3.11., 21 h, Gartenbaukino
 

(c) Viennale
STATE FUNERAL
NL/LIT 2019, 135 Min, russOmeU, R: Sergei Loznitsa
Die Sowjetunion hatte immer einen Hang ins Zeremonielle. Höhe- und Wendepunkt einer staatsreligiösen Politik war der Tod von Stalin im Jahr 1953. Loznitsa hat Archivmaterial rund um das Begräbnis gesammelt und zu einem großen Panorama montiert: Bis in die hintersten Winkel der „Sojus“ („Vereinigung“) hören Menschen von dem Ereignis. Die Mächtigen kommen, um dem „Stählernen“ die letzte Ehre zu erweisen. Die sorgfältig bearbeitete Tonspur, zwischen offiziellen Verlautbarungen und dem Gemurmel der Menge, schafft einen eigentümlichen Gegenwartseffekt für einen zutiefst historischen Moment.
In Anwesenheit von Sergei Loznitsa.
Tickets & Infos: 3.11., 20 h, Stadtkino im Künstlerhaus • 4.11., 15 h, Gartenbaukino

(c) Viennale
THOSE THAT, AT A DISTANCE, RESEMBLE ANOTHER
GB/Argentinien/E 2019, 67 Min, OmeU, R: Jessica Sarah Rinland,
Mit: Jessica Sarah Rinland, Luis Arnías, Joel Seidner
Die Kopie des Stoßzahnes eines Elefanten kommt aus einem 3D-Drucker und wird auf mannigfache Weise bearbeitet. Die Bemalung einer uralten Keramik wird mit größter Vorsicht abgepaust. Die beschädigten Intarsien eines kostbaren Kästchens werden sorgfältigst ergänzt. Allüberall wird geschmirgelt, gesägt, geschnitten, gepustet, getupft und gemalt. Es wird hantiert, gezeigt und kaum erklärt. Details, Details, Details ergeben ein großes Bild von den menschlichen Tätigkeiten Konservierung, Restaurierung, Rekonstruktion. To prevent the
death of an object, heißt es an einer Stelle. Wer sich da wo mit welcher Arbeit dem Tod entgegenstellt, verraten die Endcredits.
In Anwesenheit von Jessica Sarah Rinland.
Tickets & Infos: 2.11., 21 h, Metro, Historischer Saal • 3.11., 13.30 h, Urania

(c) Viennale
CHUN NUAN HUA KAI (FROM TOMORROW ON, I WILL)
D/China/SRB 2019, 60 Min, OmeU, R: Ivan Marković, Wu Linfeng Mit: Li Chuan, Wang Luying, Wei Ruguang
Zwei Männer teilen sich eine Wohnung unter der Erde. Der eine arbeitet nachts und schläft am Tag, der andere andersherum. Sie sehen sich kaum. Die Wohnung ist ein Zwischenort, und nirgends können die Männer wirklich bleiben. Räume sind entscheidend in diesem Spielfilmdebüt, das zeigt, wie der Neoliberalismus implodiert. Peking wächst und wächst und wird von der Kamera zerteilt. Man kennt sich nicht mehr aus, geht verloren im Halbdunkel der Souterrains. Trotzdem träumen die Männer von materiellem Aufstieg. In diesem Paradox gestaltet sich poetisch jenes unbedingte Hier und Jetzt, das nicht mehr erreichbar ist.
In Anwesenheit von Ivan Marković.
Tickets & Infos: 31.10., 18.30 h, Urania • 3.11., 15 h, Stadtkino im Künstlerhaus