Das Kino des Jacques Rivette

OUT 1: NOLI ME TANGERE (1)

Jacques Rivette
FRA 1970
413 min
V'02

Für mich ist es ein Film, den man fest datieren kann: Frankreich, Paris, 1970. Zwei Jahre nach 1968. Da sind wir und warten ab. Jacques Rivette, November 1972 Bei Out 1 gab es kein Drehbuch, sondern nur einen mehr oder weniger skizzierten Ablauf. Wir hatten eine Liste von mitwirkenden Personen und wollten die Geschichte einer Nachforschung drehen. Was aber innerhalb der einzelnen Sequenzen gesprochen werden sollte, war völlig offen. Es geschah dann ausschließlich nach dem Prinzip: Heute drehen wir drei Szenen mit Doniol-Valcroze, eine erste Szene, in der er Michael Lonsdale trifft, eine zweite Szene, in der er Françoise Fabian trifft, und eine dritte Szene mit Juliet Berto, die ihm Briefe stiehlt. Das war alles, was man wusste. Und anschließend spielte sich alles in einer mehr oder minder wilden Improvisation ab. Jacques Rivette im Gespräch mit Wilfried Reichart in der TV-Sendung «Die Geheimnisse von Paris», WDR 1972. Die Improvisation erlaubte einem, sich während der Dreharbeiten nicht zu langweilen. Man steht vor vielen ungelösten Fragen, die man nach und nach lösen muss. Ich finde, man bewahrt eine größere Geistesfrische, ein größeres Interesse an allem, was im Laufe des Drehens geschieht. Man ist gezwungen, den Schauspielern zuzuhören da gibt es ständig Überraschungen. Diese Aspekt von Risiko und Gefahr entsprechen ungefähr dem, was beim Drehen vor sich gehen soll. Es ist ja trotz allem ein Einfangen des Unvorhergesehen, von etwas, das passiert und sich niemals wiederholen wird. Jacques Rivette im Gespräch mit Irene Wittek, «Kino 5/6», AugustOktober 1973. Damit Improvisation überhaupt möglich wird, braucht es Anhaltspunkte, Regeln, Struktur, so etwas wie ein Skelett. Sogar das Wasser hat das Bedürfnis, dirigiert zu werden braucht eine Richtung. Und da wird es interessant. Da gleicht Improvisation eben dem Lauf des Wassers: Der Fluss trifft auf ein Hindernis, das Wasser ändert seine Richtung, aber das Ziel bleibt erhalten. Der Fluss ich bleibe bei der Metapher drängt weiter in dieselbe Richtung, den die großen Kraftlinien bestimmen: Was von diesem Berg ausgegangen ist, wird in jenes Meer fließen. Jacques Rivette im Gespräch mit Karlheinz Oplustil, Norbert Grob, Fritz Göttler, Andreas Kilb, «Filmbulletin» Nr. 166, August 1989.

Credits
  • Jean-Pierre Léaud - Colin
  • Juliet Berto - Frédérique
  • Michèle Moretti - Lili
  • Bernadette Lafont - Sarah
  • Bulle Ogier - Pauline/Emilie
  • Françoise Fabian - Lucie
  • Hermine Karagheuz - Marie
  • Michel Lonsdale - Thomas
  • Marie-Paule André - eine Freundin von Nicolas
  • Pierre Baillot - Quentin
  • Gilette Barbier - Vermieterin
  • Jean-Pierre Bastid - Gangster
  • Michel Berto - Honeymoon
  • René Biaggi - Chaussette
  • Ode Bitton - Iris
  • Jean Bouise - Warok
  • Marcel Bozonnet - Arsenal/Nicolas/Papa/Théo
  • Michel Chanderli - Gangster
  • Marc Chapiteau - ein Fußballspieler
  • Monique Clément - Faune
  • Christiane Corthay - Rose
  • Sylvain Corthay - Achille
  • Pierre Cottrell - erster Pornograf
  • Michel Delahaye - Ethnologe
  • Jacques Doniol-Valcroze - Etienne
  • Bernard Eisenschitz - zweiter Pornograf
  • Patrick Hec - Léonard
  • André Julien - der Trödler
  • Louis Julien - Max
  • Michèle Khan - Minette
  • Alain Libolt - Renaud
  • Gérard Martin - der falsche Junggeselle
  • Edwine Moatti - Béatrice
  • Urbain Dia Moukori - Gangster
  • Bernadette Onfroy - Bergamotte
  • Jacques Prayer - Gangster
  • Karen Puig - Elaine
  • Jérôme Richard - Martin
  • Brigitte Rodan - Miss Blandish
  • Eric Rohmer - der Balzac-Experte
  • Lorraine Santoni - ein Mädchen mit Brille
  • Guillaume Schiffman - Kind in der Boutique
  • Mathieu Schiffman - ein Junge
  • Barbet Schroeder - Gian-Reto
  • Jean-François Stévenin - Marlon
  • Stéphane Tchalgadjieff - der Bote Lorenzos
  • Christian de Tillière - ein Nachtschwärmer
  • Jean-Claude Valezy - Gangster
Sunchild Productions (Stéphane Tchalgadjieff)/ Les Films du Losange
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